Meine Tops und Flops der vergangenen Landtagssitzung – Oktober/November 2024

Foto: Yannic Hinz
Der Rauswurf von Finanzminister Lindner ist konsequent. Kein Kanzler kann es auf Dauer tolerieren, wenn ein Koalitionspartner ständig einmal gefundene Kompromisse in Frage stellt, um sich auf Kosten der anderen Koalitionspartner zu profilieren.

Soweit zur Bundespolitik.

Der schleswig-holsteinische Landtag ist im vergangenen Monat zusammengetreten, daher möchte ich Dich auf dem Laufenden halten, indem ich Dir meine Tops und Flops der Landtagssitzung präsentiere:

Tops:

Vielleicht ahnte die CDU, dass ich sie für einen Gesetzesentwurf ausnahmsweise loben wollte, was sonst nicht so häufig vorkommt. Offenbar hat sogar die CDU die Notwendigkeit der Möglichkeit hybrider Sitzungen in kommunalen Räten erkannt, nachdem die Einführung von digitalen Sitzungen während Corona bei Ihnen anfangs auf wenig Begeisterung gestoßen ist und an entsprechende Vorrausetzungen geknüpft ist. Sinnvoll ist eine digitale Teilnahme an Präsenzsitzungen jedoch auch außerhalb globaler Pandemien. Eine digitale Teilnahmemöglichkeit sichert also auch ab, dass die Schlussentscheidungen im Gemeinwesen nicht von Zufallsmehrheiten abhängig werden. Auch kann eine Teilnahme häufig durch weite Wege verhindert sein. Wir sollten uns aber auch nicht zu viel erhoffen. Dieses Gesetz ist ein kleiner Lösungsbeitrag, da es die Mehrfachbelastungen der Frauen nicht löst. Und es könnte in der Praxis ein weiteres Problem für die Frauen schaffen. Die Möglichkeit der digitalen Teilnahme könnte dazu verleiten – oder es könnte sogar ein Druck auf die Frauen entstehen, Care-Arbeit und Ehrenamt zu verbinden, schließlich gibt es nun die Möglichkeit dazu. Ich rege an, den Erfolg dieser Neuregelung in ein paar Jahren zu evaluieren.

Der Marschbahnausbau nach Sylt muss kommen. Trotz zunächst gegensätzlicher Berichterstattung ist nun klar: Eigentlich ist gar nichts passiert, es gilt, was auch vor den Querelen vom Wochenende bereits galt: die aktuelle Planungsphase wird abgeschlossen, danach muss die Finanzierung gesichert werden – keine Absage, sondern das, was auch in den vergangenen Monaten bereits galt. Damit zukünftig nicht das eine unverzichtbare Projekt gegen das Andere aufgewogen werden muss, braucht es einen Schieneninfrastrukturfonds. Zu dessen Finanzierung braucht es eine Reform der Schuldenbremse – eine Logik, der der CDU leider immer noch nicht aufzugehen scheint.

Flops:

Kommunaler Finanzausgleich: Die finanzpolitische A20 der CDU. Zehn Jahre ist es nun her, dass die Küstenkoalition sich nach 40 Jahren Reformstau auf dem Weg gemacht hat, die Kommunalfinanzen neu zu regeln. Was haben die Kollegen von der CDU – insbesondere die Kollegen Koch und Günther – rumgetönt. Der Kreis Stormarn würde zugunsten der unwirtschaftlich arbeitenden kreisfreien Städte ins Unglück gestürzt. Die CDU hat damals eine Entscheidung des Landesverfassungsgerichtes erwirkt, das vor allem die Sorgfalt der Bedarfsermittlung kritisiert hat. Das ist in Ordnung. Nicht in Ordnung war die Darstellung, dass wir die Mittelverteilung zugunsten der zentralen Orte und zu Lasten der Kreise manipuliert hätten. Das Gericht hat das Gegenteil festgestellt. Lustigerweise kommt von Ihnen beauftragte Gutachter wiederholt zu dem Ergebnis, dass die Höhe unserer Mittelzuweisung an die zentralen Orte der Küstenkoalition völlig in Ordnung ist. Liebe CDU, was ist eigentlich aus dem damaligen Manipulationsvorwurf geworden? Der war natürlich Quatsch… Den Rosstäuscherpreis 2024 verdient außerdem die Streichung der Städtebauförderung. Mittlerweile haben hat wohl auch die CDU festgestellt, dass bei Streichung der Landesmittel auch die Bundesmittel wegfallen würden. Hätte sie auch vorher wissen können.

Es darf nicht sein, dass wir im Jahr 2024 über die Schichten von Briefen sprechen. Doch genau das war in der vergangenen Landtagswoche der Fall. Seit dem 1. September konnten die Schulträger bezüglich der Umsetzung des Rechts auf Ganztag Fördermittel beantragen.
Der Startzeitpunkt war schon einmal bedeutungsschwer: Mitternacht. Der Ort: Ein Briefkasten in Kiel. Zitat:
„Bereits um 20.00 Uhr am Sonnabend begannen die ersten unermüdlichen Verwalter, ihre Kühltaschen und Klappstühle vor der Investitionsbank zu platzieren. Mit Bierdosen in der Hand und einem festen Blick auf den frühestens ab 00.00 Uhr zu füllenden Briefkasten scharten sich Vertreter der Kommunen aus dem gesamten Land zusammen, um sich die besten Plätze im Rennen zu sichern. Denn nichts sagt mehr ‚Wir sind im 21. Jahrhundert angekommen‘ als eine Schlange Beamter, die sich bis Mitternacht in die kalte Nachtluft stellen, um einen Umschlag in einen Briefkasten zu werfen. Und so begann es: Punkt 23:59 Uhr wurde der Briefkasten der Investitionsbank in Kiel noch einmal geleert, bereit für den Sturm der analogen Antragsabgaben ab 00:00 Uhr.“
„Die Reihenfolge innerhalb dieser Leerungskohorten ergab sich grundsätzlich aus der ‚Schichtung‘ der Umschläge: Der unterste Umschlag ist der erste eingeworfene Umschlag, also der früher gestellte Antrag im Vergleich mit den darauf liegenden und damit später eingeworfenen Umschlägen.“
Damit greift die Landesregierung auf ein bewährtes Verfahren aus der Archäologie zurück: die Stratigraphie. Es darf nicht sein, dass wir im Jahr 2024 über die Schichten von Briefen sprechen. Es darf nicht sein, dass unterschiedliche Schulträger unterschiedliche Auskünfte zum Verfahren bekommen. Diese Vorgehensweise zeigt wieder einmal: Digitalisierung ist Günthers schwarz-grüner Landesregierung ein Fremdwort.

Im Bundesrat war die Günther-Regierung über Jahre praktisch handlungsunfähig. Erst vor einem Monat hat der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung ein Sicherheitspaket vorgestellt. Ein Blick in den Haushaltsentwurf zeigt, dass dieses Paket bisher wenig Konsequenzen zu haben scheint.
Eine der Konsequenzen war eine Bundesratsinitiative, die aber offenbar weitgehend von Nordrhein-Westfahlen vorbereitet wurde. Andere für sich arbeiten lassen – das kann Daniel Günther besonders gut.
Manches, was die Grünen bei den Dublin-Überstellungen fordern, wird bereits getan und könnte auch durch eine aktive Landesregierung in die Hand genommen werden.
Manches ist einfach lächerlich. Die Grünen wollen keine Zentralisierung von Abschiebungen beim Land – beim Bund wäre es natürlich in Ordnung.
Das Sicherheitspaket der Bundesregierung zur Bekämpfung von Terrorismus unterstützen wir, weitere Verschärfungen im Asylrecht lehnen wir ab! Für die SPD kann ich sagen, dass wir klar bleiben und die Bundesratsinitiative nicht unterstützen.

In den kommenden Tagen wünsche ich Euch nun eine politisch ruhigere Zeit.

Herzlichst
Euer Kai Dolgner